Bürgermeister Carsten Seyfarth und Landtagsabgeordnete Karin Logemann informieren sich gemeinsam über Sachstand im Schutzschirmverfahren

Status quo der Weser-Metall am Standort Nordenham:  

Im Mittelpunkt des Meinungsaustauschs mit der Geschäftsführung der Weser- Metall, vertreten durch Koen Demesmaeker und Dr. Ulrich Kerney und den Generalhandlungsbevollmächtigten im Schutzschirmverfahren, dem Berliner Rechtsanwalt Dirk Schoene aus der Kanzlei Dentons, standen die aktuelle Situation rund um das Schutzschirmverfahren und der Sachstand des laufenden Verkaufsverfahrens. Dabei wurde auch die schwierige aktuelle wirtschaftliche Lage erörtert, die für die Weser-Metall in erster Linie von einer schwachen Nachfrage im Bleimarkt bestimmt wird.

Weser-Metall-Geschäftsführer Koen Demesmaeker: „Die Nachfrage im Bleibereich ist stark abhängig von der Produktion im Automobilbereich. Im Moment werden nur ca. 50% von den üblichen Mengen nachgefragt.“ Trotz der schwachen Nachfrage produziert das Unternehmen allerdings pro Stunde ca. 35 Tonnen. „Wir haben unsere Prozesse optimiert und haben noch weitere Kapazitäten – falls die Nachfrage am Bleimarkt wieder anzieht. Unsere Qualität ist hervorragend. Auch unsere Beschäftigten ziehen toll mit. Der Krankenstand ist niedrig, die Bereitschaft, auch einmal Überstunden zu fahren, groß. Die Identifikation mit dem Unternehmen ist sehr hoch.“

Schutzschirmverfahren soll zu zukunftsfähiger Struktur führen

Der Berliner Rechtsanwalt Dirk Schoene, der als Generalhandlungsbevollmächtigter das Schutzschirmverfahren begleitet, betonte im Gespräch mit den Politikern, „dass es Ziel des Verfahrens ist, in Eigenverwaltung rasch zu einer zukunftsfähigen Struktur zum Fortbestand der Weser-Metall zu kommen! Dazu muss der Geschäftsbetrieb so wie bisher professionell weiterlaufen. Es gibt zahlreiche Interessenten für die Weser-Metall. Uns allen ist daran gelegen, den dauerhaften Fortbestand des Unternehmens in einer stabilen Eigentümerstruktur möglich zu machen!“ Unverbindliche Angebote sollen Interessenten bis Mitte Juni abgeben. Ab Mitte Juli möchte man mit den – nach Prüfung der dann vorliegenden verbindlichen Angebote – besten Partnern finale Verhandlungen führen.

Ulrich Kerney, der in erster Linie für die technischen Abläufe im Unternehmen verantwortlich ist, betonte, dass, der Betrieb uneingeschränkt funktioniere: „Trotz Corona und Schutzschirmverfahren: die Öfen laufen einwandfrei, alle Umweltanalysen finden regelmäßig statt. Auch sicherheitsrelevante Bereiche, wie z. B. die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr, haben wir im Griff.

Ausgefallene Lieferanten- und Dienstleisterzahlungen offen angesprochen.

Aufgrund des seit dem 14. Mai eingeleiteten Schutzschirmverfahrens wurden zahlreiche Rechnungen zu Insolvenzforderungen – und dürfen nicht bezahlt werden. Darunter leiden insbesondere Handwerker und andere Weser-Metall-Dienstleister aus der Region.  Im laufenden Schutzschirmverfahren werden die Zahlungen jedoch geleistet.

Landtagsabgeordnete Karin Logemann:

„Nicht nur die Weser-Metall selbst, auch Nordenhams Betriebe stehen vor einer zusätzlichen Belastung, da sie in großer wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Weser-Metall sind. Im Zuge des Schutzschirmverfahrens musste mancher Dienstleister Zahlungen abschreiben, mit denen er fest gerechnet hatte. Trotzdem haben die Dienstleister viele Aufgaben bei der Weser-Metall erledigt, ohne dafür bezahlt werden zu können. Auch dieses Entgegenkommen muss bei zukünftigen Auftragsvergaben berücksichtigt werden. Die Weser-Metall erfährt im Augenblick auch von ihren Partnern vor Ort große Solidarität. “

Bürgermeister Carsten Seyfahrt:

„Die Weser-Metall muss bleiben. Sie ist ein wichtiger Arbeitgeber in unserer Region, von dem hier am Standort zahlreiche Arbeitsplätze und Betriebe abhängig sind. Wir unterstützen Betriebsräte und Unternehmen auf ihrem Weg, den Fortbestand des Unternehmens in neuer Eigentümerstruktur zu sichern. Aus unserer Sicht haben wir als Standort auch einem neuen Investor einiges zu bieten. Dazu gehören eine hervorragende Infrastruktur und qualifiziertes Personal vor Ort. Die neuen Eigentümer können mit einer breiten Unterstützung der Stadt Nordenham rechnen.“

Von beiden Seiten wurde der Austausch als hilfreich und konstruktiv empfunden. Es wurde verabredet, sich weiter gegenseitig über die laufenden Entwicklungen zu informieren. Ein weiteres Gespräch soll noch vor Ende Juli 2020 stattfinden.

 

Weitere Hintergrundinfos:

Weser-Metall GmbH:

Die Weser-Metall GmbH (WMG) produziert jährlich ca. 100.000 Tonnen Blei und ist damit die drittgrößte Bleihütte und der zweitgrößte Bleirecycler Europas. Neben der standardisierten Produktion von Bleibarren (Reinheit von 99,985 %) produziert das Unternehmen auch spezielle Bleilegierungen nach individuellen Kundenanforderungen. Im letzten Jahr waren vielversprechende Testläufe zur Raffination von Palladium, Silber, Gold und weiteren hochwertigen Metallen absolviert worden. Das Unternehmen WMG beschäftigt am Standort Nordenham (Niedersachsen) ca. 330 Mitarbeiter.

Zukunft mit hochwertigem Recycling von Elektroschrott

Die Pandemie ereilte die Bleihütte, die bisher Primärrohstoffe und Bleischrotte aus Altbatterien und anderen Quellen einsetzt, mitten in der Reorganisation. Nach dem Einbau eines neuen Reduktionsofens war das Unternehmen auf bestem Wege, das Recyceln von Elektroschrott möglich zu machen. Die Testläufe waren erfolgreich. Strategisches Ziel war es, aus Elektroschrott neben Plastikteilen auch wertvolle Edelmetalle wie Gold, Kupfer, Nickel und seltene Materialien wie Indium oder Palladium zu extrahieren. Dieses Geschäft könnte von einem neuen Investor strategisch weiterentwickelt werden.

Schutzschirmverfahren nach deutschem Recht

Das Schutzschirmverfahren wurde im Jahr 2012 mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) eingeführt und soll die Möglichkeit bieten, frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, um so Sanierungschancen von Unternehmen in der Krise zu verbessern. Voraussetzung für ein Schutzschirmverfahren ist, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht zahlungsunfähig ist. Es erhält dann die Möglichkeit, einen Insolvenzplan zur Sanierung vorzubereiten. Mit dem Antrag muss eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorgelegt werden, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine aktuelle Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Das Schutzschirmverfahren findet in der Eigenverwaltung statt. Das heißt, die Geschäftsführung bleibt im Amt und in der operativen Verantwortung. Sie bekommt zusätzlich einen vom Gericht bestellten vorläufigen Sachwalter an die Seite, der das Unternehmen im Sinne der Gläubiger bei den anstehenden Aufgaben unterstützt und überwacht.

Verstärkung der Geschäftsführung im Schutzschirmverfahren

Andreas Ziegenhagen mit Partner Dirk Schoene von Dentons begleiten die Eigenverwaltung bei der Weser-Metall GmbH in Nordenham und unterstützen Interims-Geschäftsführer Koen Demesmaeker