Rede zum Antrag „Schluss mit Tierversuchen – mehr alternative Forschung“

Die Sorge um das Wohl von Tieren ist ein zentraler Punkt in unserer Gesellschaft. Uns beschäftigen die Zustände in der Nutztierhaltung, genauso wie Qualzuchten, auch im Haustierbereich, das Halten von Tieren im Zoo und im Zirkus, zum Beispiel. Hier geht es nun um die Forderung der Abschaffung von Tierversuchen und mehr Förderung für die Forschung an Alternativen.

Anrede,

die Sorge um das Wohl von Tieren ist ein zentraler Punkt in unserer Gesellschaft. Uns beschäftigen die Zustände in der Nutztierhaltung, genauso wie Qualzuchten, auch im Haustierbereich, das Halten von Tieren im Zoo und im Zirkus, zum Beispiel.

Nun – ihr Antrag zum Thema: „Schluss mit Tierversuchen – mehr alternative Forschung“

Okay, werten wir das mal als einen ernsthaften Versuch der Auseinandersetzung mit ethisch schwierigen Themen.

Allerdings ergeben sich für mich doch einige Fragen aus Ihrem Antrag:

Zum einen frage ich mich, warum Sie in Ihrem Antrag schreiben, dass Tierversuche mit der Stufe „gering“ in Niedersachsen oder Deutschland weiterhin genehmigungsfähig bleiben sollen, die Einfuhr von Waren und Medikamenten aus anderen Ländern aber verboten werden soll, wenn sie „unter Zuhilfenahme von Tierversuchen entwickelt oder produziert wurden“. Das ist ein Widerspruch, den Sie mir erklären müssen.

Sie fordern von der Landesregierung, sich beim Bund „für ein generelles Verbot von Tierversuchen in den Einstufungskategorien ‚mittel‘ oder ‚schwer‘ einzusetzen“. Da werden wir beim Bund offene Türen einrennen, denn im Koalitionsvertrag ist das längst festgeschrieben („Die intensiven Bemühungen zur Erforschung und Anwendung von Ersatzmethoden für Tierversuche wollen wir fortführen.“.

Zum anderen klingt Ihr Antrag danach, als wäre eine Forschung für alternative Methoden zu Tierversuchen kaum existent und als würden Forschende und Forschungsinstitute noch immer arbeiten, wie vor 150 Jahren.

Dann mal aufgepasst:

Seit 1986 besteht zum Beispiel die „Stiftung zur Förderung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen“ (kurz: Stiftung set). Diese Stiftung entstand durch die Initiative des damaligen Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und bisher konnten durch die Arbeit der Stiftung fast 60 erfolgreich abgeschlossene Projekte unterstützt werden.

  • Dann gibt es das CAAT-Europe (CAAT = Center for Alternatives to Animal Testing) an der Universität Konstanz. Es fördert seit 2009 die Entwicklung von Alternativen zum Tierversuch auf europäischer und transatlantischer Ebene.
  • Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt über 500 Projekte für Alternativmethoden zu Tierversuchen.
  • Das BMEL unterstützt die Entwicklung von Alternativmethoden zu Tierversuchen und verleiht alljährlich seit 2001 den Tierschutzforschungspreis.
  • Das Deutsche Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R) koordiniert seit 2015 bundesweit die Aktivitäten, um Tierversuche auf ein unerlässliches Maß zu beschränken und den bestmöglichen Schutz der Versuchstiere zu erreichen.
  • Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt Projekte zur Entwicklung von Alternativmethoden.
  • An einigen deutschen Universitäten und Hochschulen sind in den vergangenen zehn Jahren Lehrstühle für die Erforschung von Alternativen zu Tierversuchen entstanden.

Dies sollen nur einige Beispiele sein, die Liste ist aber noch deutlich länger. Wichtig ist mir hier aber noch ein Punkt, mit dem ich auch zu den offenen Türen beim Bund zurückkomme:

Beim Bundesministerium für Bildung und Forschung standen unter dem Punkt „Alternative Forschung“ für 2018 und 2019 jeweils 5,4 Mio. € zur Verfügung. Im Entwurf für 2020 sind ebenfalls 5,4 Mio. € vorgesehen.

Außerdem gibt es das 3R-Prinzip, auf das sich alle Forschenden geeinigt haben, die Tierversuche durchführen. Dieses Prinzip wurde bereits 1959 formuliert und steht für die drei Begriffe

  • refinement (Verfeinerung),
  • reduction (Verringerung) und
  • replacement (Vermeidung)

Ziel dieses Prinzips ist es, Tierversuche wenn möglich zu vermeiden, ihre Zahl zu reduzieren und das Leid der Tiere in Versuchen auf das unerlässliche Maß zu beschränken. Sollten wir Möglichkeiten finden, Tierversuche ganz zu ersetzen, werden auch die Forschungsinstitute und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dies begrüßen – nähme es Ihnen doch einen erheblichen Teil des ethischen und seelischen Drucks.

Wie groß dieser Druck ist, zeigt auch die 2010 verabschiedete „Baseler Deklaration“, die sich mit eben der ethischen, wissenschaftlichen und rechtlichen Stellung von Tieren und dem Verhältnis von Mensch und Tier in der Forschung beschäftigt. Mittlerweile wurde die Deklaration von fast 5000 Institutionen und Personen weltweit unterzeichnet.

Einen Punkt der Deklaration möchte ich hier abschließend herausgreifen: Die Unterzeichner „bitten darum, dass neue Gesetze und Bestimmungen nur dann eingeführt werden, wenn diese das Resultat eines sachlich geführten Fakten basierten, demokratischen Diskurses sind.“

Genau das vermag ich in Ihrem Antrag, nicht eindeutig zu erkennen. Mich würden die Quellen Ihrer Zahlen und Behauptungen interessieren, vor allem, was Förderung von und Forschung an Alternativen angeht.

Ich bin gespannt auf die Diskussion im Ausschuss.

 

Schluss mit Tierversuchen – mehr alternative Forschung auf Youtube

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