Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
ja, die aufgedeckten Missstände in den Schlachthöfen fordern uns und – ja – das ist richtig so!
Ausdrücklich begrüße ich, dass parteiübergreifend Einigkeit darüber besteht, dass hier grundlegende Änderungen passieren müssen.
Der chinesische Philosoph Laozi drückt es so aus: Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.
Die Ziele kennen wir:
- Wir alle wollen gute Arbeitsbedingungen und eine gute Qualifizierung für die Menschen, die auf den Schlachthöfen arbeiten.
- Wir alle wollen eine möglichst stressfreie Schlachtung des Tieres sowie eine intakte Technik und kluge Tierhaltungssysteme – sowie die damit verbundene notwendige Überprüfung.
- Wir alle wollen unabhängige und starke Veterinäre – unabhängige und gute Kontrollen.
Wir begrüßen ausdrücklich die Entschließung des Bundesrates zur Einführung von kameragestützten Überwachungssystemen in Schlachthöfen, die durch unsere Landesregierung auf den Weg gebracht wurde.
Das kann es aber nicht allein sein. Deshalb ist es richtig, dass gemeinsame, unangekündigte Schwerpunktkontrollen der kommunalen Veterinärbehörden und der landesweiten Zulassungsbehörde zur Überprüfung der Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorgaben in niedersächsischen Schlachtbetrieben durchgeführt werden.
Auch begrüßen wir, dass sich die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz, auf Anregung Niedersachsens hin, mit der Thematik der Tierschutzkontrollen an Schlachthöfen befasst und dabei ist, konkrete Vorschläge für eine bundeseinheitliche Stärkung der amtlichen Kontrollen an Schlachthöfen zu entwickeln.
Die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/ Die Grünen und von der FDP haben hier einen umfassenden Antrag vorgelegt, der versucht sich mit dem kompletten System auseinanderzusetzen und Verbesserungsvorschläge zu machen.
Ein dickes Brett, das Sie da bohren wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Bei dem Arbeitseinsatz sind wir dabei!
Was mir fehlt an dem Antrag ist mehr Fo.us auf den Menschen.
Darum, das Leiden der Tiere zwischen Anlieferung und Schlachtung möglichst gering zu halten, drehen sich viele Ihrer Punkte – gehen alle in die richtige Richtung und greifen weite Teile der Anhörung auf, das ist unbedingt richtig!
Was mir fehlt ist der menschliche Aspekt bei Ihrem Antrag. Da sie vom Systemfehler sprechen, sollten sie sich auch mit dem gesamten System umfassend befassen.
Tierschutz kann nicht wirklich funktionieren, wenn die Menschen, die mit diesen Tieren arbeiten, nicht auch berücksichtigt werden.
Der erste, der im Antrag aufgeführten Punkte fordert „deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen mit angemessenen Zeitabläufen ohne Akkordarbeit“ für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schlachthöfen. Das ist gut, aber reicht nicht aus.
Noch immer gibt es die Werkverträge für viele Beschäftigte, noch immer werden mobile Beschäftigte ausgebeutet. Noch immer wird nach Stückzahlen bezahlt.
Die Umsetzung des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft von 2017 muss überprüft, Vergehen geahndet werden. Die Arbeiterinnen und Arbeiter vor Ort haben keine Tarifverträge. Diese Angestellten brauchen unsere Unterstützung ebenso, wie die Tiere sie brauchen.
Der Einsatz der Beratungsstellen, von Kommunen, Kirche, Gewerkschaft, Polizei, Zoll und Strafverfolgungsbehörden beginnt zu greifen, muss aber konsequent ausgebaut und gestärkt werden.
Ich war am Samstag auf der Demonstration „Geiz ist nicht geil! Lebensmittel brauchen einen fairen Preis!“ des Arbeitskreises für bäuerliche Landwirtschaft in Oldenburg. Ich konnte die Gelegenheit nutzen, mit Prälat Kossen zu sprechen, der sich, wie auch die Gewerkschaft NGG (Nahrung, Genuss, Gaststätten) und viele andere mit der Situation der Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter auseinander setzt, sich hinter die gebeutelten Menschen stellen.
Kossen sagte: „Billig, billig, billig hat einen hohen Preis. Die Landwirte bezahlen mit ihrer Existenz, die rumänischen und bulgarischen Arbeiter mit ihrer Gesundheit und die Natur mit ihrer Vielfalt und dem ökologischen Gleichgewicht.“
Wir dürfen nicht der Landlustideologie hinterherlaufen. Wir brauchen Transparenz, Aufklärung, faire Rahmenbedingungen und ehrliche Auseinandersetzungen.
Auch als Verbraucher müssen wir uns ehrlich machen, uns fragen, was sind wir bereit für das was wir fordern, auch zu zahlen?
Alles in allem kann ich aber sagen, dass ich auf die Beratungen im Ausschuss gespannt bin.
Denn wie eben schon gesagt: die sich abzeichnende parteiübergreifende Entschlossenheit ist eine gute Basis für Veränderungen.