Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
„Höfesterben“, „Ausverkauf der Landwirtschaft“, „Milchbauern geben auf“, das sind nur drei von vielen Überschriften aus der dramatischen Hoch-Zeit der letzten Milchkrise. „Das ist die ganze Brutalität des Marktes“, sagen die einen, „Das ist hausgemacht und politisch schlecht begleitet“, sagen andere.
Derzeit haben sich die Preise erholt aber – Wie geht es weiter im Milchmarkt? Ist eine nächste Krise zu verhindern? Auf der jüngsten Agrarministerkonferenz (AMK) gab es keine Verständigung darüber, ob es gesetzliche Vorgaben für die Modernisierung der Lieferbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien geben soll. Die für einen Beschluss erforderliche Einstimmigkeit der Länder wurde nicht erreicht. Damit schrabben die deutschen Bundesländer an einem Einvernehmen über die Rolle des Staates in der Milchpolitik vorbei. Somit fehlt auch ein starkes Signal an die Milcherzeuger, Molkereien und auch an die anderen Länder.
2014 startete Niedersachsen das Weidemilchprogramm. Für den damaligen Agrarminister Meyer und die regierungstragenden Fraktionen stand fest: Grasende Kühe dürfen nicht zum Auslaufmodell werden. Maßgeblich beteiligt: der Koordinator des Programms, das in meinem Wahlkreis, in Ovelgönne, angesiedelte Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen.
Das Weidemilchprogramm war und ist eine gute und richtige Entscheidung. Auch die Molkereien zogen nach, wie zum Beispiel die Ammerländer Molkerei, die den Milchbauern einen höheren Preis von 1 Cent pro Liter Milch zahlt.
Das gilt für Landwirte die an dem Programm „Weidemilch ohne Gentechnik“ teilnehmen. Die Anforderungen: Auf einem Hektar Dauergrünland dürfen maximal 5 Milchkühe laufen und das mindestens 120 Tage für 6 Stunden am Tag. Zusätzlich dürfen die Kühe nur mit Futter zu gefüttert werden, das nicht gentechnisch verändert ist.
Die Landwirte, die Weidemilch produzieren, haben gemeinsam mit der Molkerei erfolgreich eine Vermarktungsschiene aufgebaut. Das ist sehr zu begrüßen.
Nichtsdestotrotz würde darüber hinaus die Weiterführung einer tierbezogenen Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete die Milchbauern und andere Weidetierhalter noch weiter unterstützen, die eine Unterstützung besonders nötig haben.
Die Bewirtschaftung der benachteiligten Gebiete ist durch viele Gräben, Grüppen, nasse Flächen, Einzäunungen, Hecken und eventuelle Naturschutzauflagen deutlich aufwändiger als auf anderen Flächen und gehört ausgeglichen.
Pro-Argumente für ein Folgeprogramm der Ausgleichszulage Weideprämie, Heimatpflegeprämie oder „Pro-Grünland“, wie auch immer ein solches Programm heißen könnte sind unter anderem folgende:
- Flora und Fauna sind auf Grünland, das beweidet wird, insgesamt abwechslungsreicher.
- Wir erhalten das für Niedersachsen typische Landschaftsbild und die typischen Landschaften.
- Eine Kuh kann sich auf der Weide freier bewegen. Weidegang verbessert außerdem die Klauen- und Gelenkgesundheit.
- Die Bewegung verbessert Stoffwechsel und Milchproduktion bei den Tieren.
- Die gesellschaftliche Anerkennung von Grünland mit grasenden Rindern ist sehr hoch, damit steigt die Akzeptanz der Tierhaltung.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete der Grünen,
ihre Forderung nach der Rückgängigmachung der Tierzahlobergrenze betrachten wir differenziert. Viele Familienbetriebe haben die Grenze von 300 Tieren schon überschritten. Auch reine Familienbetriebe z.B. Vater-Sohn Betriebe könnten dann schon nicht mehr gefördert werden.
300 Tiere bedeutet grob: 150 Kühe plus Nachzucht. Wenn von diesem Tierbestand zwei Familien leben müssen, wird es eng.
Auch Ihre Forderung nach einer intensivieren Beratung der Landwirte ist grundsätzlich diskutabel: Es war schon immer die Aufgabe von Beratern, die Effizienz zu verbessern. Futter- und Remontierungskosten sind einige der wichtigsten variablen Kosten auf einem Hof.
Hier darf nicht so weit gespart werden, dass die Milchleistung maßgeblich sinkt. Es mag sein, dass es Ausbaumöglichkeiten gibt. Eine Verallgemeinerung würde ich hier aber vermeiden wollen.
Auch die EU-Verordnung zur gemeinsamen Marktorganisation werden wir besprechen müssen, um zu schauen, welche Schritte eingeleitet werden könnten und sollten.
Ein dauerhaftes Kriseninstrument zur Verringerung der Milchanlieferung wünschen sich viele Milchbauern schnellstmöglich. Hier muss jedoch geklärt werden, wie eine solche Möglichkeit aussehen und funktionieren kann.
Der Ausbau der Milchmarkt-Beobachtungsstelle wird in der Landwirtschaft ebenfalls diskutiert. Ein Frühwarnsystem wäre eine sinnvolle und notwendige Maßnahme, um eine Krise schneller zu analysieren und sie, im Idealfall, besser abfangen zu können.
Auch der Verbraucher ist gefragt. Wer verbesserte Haltungsbedingungen fordert, muss auch bereit sein mehr für unsere hochwertig erzeugten Lebensmittel zu zahlen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben erlebt, was das Abstürzen der Milchpreise für viele Milchbauern und auch nachgelagerte Unternehmen in Niedersachsen, dem Agrarland Nummer 1 bedeutete und noch immer bedeutet. Eine solche Bedrohung der Existenzen, die unsere Lebensmittel liefern und damit eine besondere Verantwortung übernommen haben, müssen vermieden werden.
Wir müssen schauen, welche der bisher getroffenen Regelungen zur Vorbeugung einer erneuten Krise sinnvoll sind und wo wir nachsteuern müssen – im Land, im Bund und auf EU-Ebene.
Dementsprechend freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit