Eckpunktepapier zum Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz

Heute wurde das Eckpunktepapier zur Überarbeitung des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz vorgestellt.

Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Sicherheitsinteressen und Grundrechtsschutz darzustellen. So wird sichergestellt, dass Niedersachsen auch weiterhin ein sicheres und freies Bundesland bleibt.

Im Detail sind folgende Änderungen geplant:

  1. Neue Befugnisse zur Straftatenverhütung, insbesondere zur Verhütung terroristischer Straftaten:

  • Zur Verhütung terroristischer Straftaten, die im zukünftigen NPOG auch definiert werden, sind als Standardmaßnahmen Meldeauflagen, Aufenthaltsvorgaben und Kontaktverbote sowie eine Elektronische Aufenthaltsüberwachung in dem Gesetzentwurf vorgesehen.

Mit diesen neuen Maßnahmen soll die präventive Bekämpfung und Abwehr des islamistisch motivierten Terrorismus gestärkt und verbessert werden.

Alle Maßnahmen kommen bereits im Vorfeld einer Gefahr zur Anwendung. Die Vorschrift ist so ausgestaltet, dass die Polizei entweder anhand bestimmter Tatsachen oder aufgrund von Anhaltspunkten im individuellen Verhalten der betroffenen Person eine begründete Gefahrenprognose stellen muss, dass diese in einem zeitlich übersehbaren Zeitraum eine terroristische Straftat begehen wird.

  • Die Elektronische Aufenthaltsüberwachung soll auch zur Verhütung von schweren Straftaten aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität eingesetzt werden können. Auch diese schweren organisierten Gewaltstraftaten werden im Gesetz definiert.
  • Der Anwendungsbereich der Telekommunikationsüberwachung und der Wohnraumüberwachung wird dahingehend erweitert, dass zukünftig ein Einsatz dieser Mittel auch zur Verhütung terroristischer Straftaten möglich wird.
  • Für die sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung und den Verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme sog. Online-Durchsuchung werden Rechtsgrundlagen geschaffen.
  1. Neue Regelungen zum Durchsetzungsgewahrsam:

Um diese neuen Maßnahmen erfolgversprechend durchsetzen zu können, wird der sog. Durchsetzungsgewahrsam um Meldeauflagen, Aufenthaltsvorgaben und Kontaktverbote, die zur Verhütung terroristischer Straftaten angeordnet wurden, sowie um Verpflichtungen zur Elektronischen Aufenthaltsüberwachung erweitert.

  1. Gewahrsamsdauer für Unterbindungsgewahrsam:

  • Die Gewahrsamsdauer für terroristische Gefährderinnen und Gefährder wurde auf 30 Tage mit Verlängerungsmöglichkeit um einmalig 30 Tage und einmalig weitere 14 Tage festgelegt. Dieser Zeitraum ist erforderlich, um beim sog. Unterbindungsgewahrsam terroristische Straftaten hinreichend sicher zu unterbinden und notwendige Folgemaßnahmen, z.B. den Erlass ausländerrechtlicher Verfügungen oder eine Inhaftnahme nach strafverfahrens- oder ausländerrechtlichen Bestimmungen, sicherzustellen.

Angesichts der Schwere terroristischer Straftaten ist es auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt, den Gewahrsam dergestalt auszudehnen, zumal die Maßnahme jeweils bei ihrer Genehmigung und auch bei ihrer Verlängerung unter Richtervorbehalt steht, d.h. das jede Maßnahme erneut von einem Richter genehmigt werden muss. Der Gesetzgeber legt darüber hinaus nur Maximalfristen fest. Letztlich muss in jedem konkreten Einzelfall unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Umstände des speziellen Sachverhaltes eine Entscheidung über die Höhe der Gewahrsamsdauer getroffen werden.

  • Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte soll die Dauer des Unterbindungsgewahrsams für Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit von zehn auf sechs Tage abgesenkt werden.
  1. Ordnungswidrigkeiten- und Strafvorschriften:

  • In den neuen Gesetzentwurf werden Ordnungswidrigkeiten- und Strafvorschriften aufgenommen. Strafbar macht sich, wer einer Meldeauflage, einer Aufenthaltsvorgabe, einem Kontaktverbot, die zur Verhütung terroristischer Straftaten angeordnet wurden oder der Anordnung einer Elektronischen Aufenthaltsüberwachung zuwiderhandelt.
  • Auch Zuwiderhandlungen gegen eine Wegweisung oder ein Aufenthaltsverbot in Fällen häuslicher Gewalt soll künftig einen Straftatbestand darstellen.
  • Als Ordnungswidrigkeiten verfolgbar sind Zuwiderhandlungen gegen sonstige Meldeauflagen und gegen einen Platzverweis.
  1. Offene Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume:

  • Die Regelung zur offenen Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume wird zur rechtlichen Absicherung klareren Anforderungen unterworfen. Videoüberwachung soll insbesondere an Kriminalitätsschwerpunkten, im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen, wie für Weihnachtsmärkte, Großveranstaltungen etc. und zum Erkennen von sonstigen, nicht straftatenbezogenen Gefahrenlagen zulässig sein.
  • Zum besseren Schutz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten vor gewalttätigen Übergriffen in öffentlich zugänglichen Räumen wird eine spezifische Rechtsgrundlage, für den Einsatz von mobiler Videotechnik, die am Körper getragen wird, sog. Bodycams eingeführt. Neben Bildaufzeichnungen werden zukünftig auch Tonaufnahmen zulässig sein.
  • In den Gesetzentwurf wurde eine Rechtsgrundlage für die gefahrenabwehrrechtliche Datenerhebung bei einer Abschnittskontrolle (Section Control) aufgenommen.
  1. Anforderungen des BVerfG aus der Entscheidung zum BKAG:

Die Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht mit seinem grundlegenden Urteil zum Bundeskriminalamtgesetz zu verdeckten Überwachungsmaßnahmen aufgestellt hat, werden in diesem neuen Gesetzentwurf umgesetzt.

Das betrifft alle verdeckten Maßnahmen, bei denen Daten mit besonderen Mitteln oder Methoden erhoben werden wie z.B. Telekommunikationsüberwachung und längerfristige Observation. Auch eine Protokollierungspflicht für bestimmte eingriffsintensive Maßnahmen und eine regelmäßige Kontrolle dieser Maßnahmen durch die oder den Landesbeauftragten für Datenschutz sind weiterhin in dem Gesetzentwurf enthalten.

  1. Gesetzesbezeichnung:

Das Gesetz soll künftig die Bezeichnung „Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“ (NPOG) tragen. Damit wird nicht nur der Kreis der Anwender des Gesetzes benannt, sondern gleichzeitig der Aufgabenbereich des Gesetzes beschrieben, da Polizei und Ordnungsbehörden die Stellen sind, die in Niedersachsen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung tätig werden.

  1. Änderung des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes:

Neben dem Nds. SOG wird auch das Niedersächsische Versammlungsgesetz geändert. Der Verstoß gegen das Vermummungsverbot soll zukünftig keine Ordnungswidrigkeit mehr, sondern wieder eine Straftat sein.