Der Artikel aus der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 16. November 2017 hat uns alle betroffen gemacht. Anzeichen für so großes Leid, wie die Professorin der Veterinärwissenschaften, Elisabeth große Beilage, in vier Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte (VTN) in Deutschland vorgefunden hat, kann niemand erwartet haben. In Deutschland gibt es nicht ohne Grund ein Tierschutzgesetz.
Die Studie wurde im Zeitraum von Januar bis April 2016 in vier VTNs in verschiedenen Regionen in Deutschland durchgeführt. An insgesamt 19 Untersuchungstagen wurden Schweine aus sechs Bundesländern untersucht. Die Tiere wurden vor allem äußerlich untersucht und die Tierärzte suchten vor allem nach Befunden, die auch für Tierhalter deutlich erkennbar gewesen wären und ein Handeln hätten auslösen müssen.
Die Studie stellt fest:
„Bei insgesamt 57 Anlieferungen konnten alle Mastschweine und Zuchtschweine auf tierschutzrelevante Befunde untersucht werden. Bei 13,2 % dieser Mastschweine und 11,6 % der Zuchtschweine waren Befunde zu erheben, bei denen davon auszugehen war, dass sie mit länger anhaltenden erheblichen Schmerzen und/oder Leiden verbunden waren.“
Die Ergebnisse zeigen, dass diese verendeten bzw. getöteten Tiere in vielen Fällen unnötig Leid, Schmerzen und Qualen erleiden mussten. Das darf so nicht sein.
Tiere sind eben keine Sache, sondern Lebewesen. Wir alle wollen Tiere auch so behandeln und ihnen unnötiges Leid ersparen. Tierhaltung, Tierzucht und Tiermast gehören zur modernen Landwirtschaft. Aber immer muss das Wohl der Tiere im Mittelpunkt stehen. Leid und Qual müssen verhindert und unterbunden werden, wenn sie denn vorhanden sind. Ich denke, da sind wir uns alle einig.
Und einig mit uns sind hier auch die Verbraucher, die von einer modernen Landwirtschaft genau das erwarten: Tierwohlgerechte Fleischerzeugung! Das ist unser Ziel, dafür treten wir zusammen mit den Landwirten, den Tierärzten und den Behörden ein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
was diese Studie aufdeckt, kann und darf nicht so weitergehen. Das haben wir erkannt, und wir wollen daran etwas ändern.
Es ist zu klären, wo die Stellschrauben sind, an denen wir drehen können, um solchen verstörend wirkenden Ergebnissen vorzubeugen.
Bei der Recherche zu diesem Studienergebnis ist mir vor allem aufgefallen, dass das Problem schon länger bekannt ist. Schon im September 2016 (!), also vor fast zwei Jahren, hat der damalige Niedersächsische Landwirtschaftsminister, Christian Meyer, für eine Reform geworben. Scheinbar sind seine Worte beim Bund auf taube Ohren gestoßen.
Im Februar 2017 gab es einen Artikel in der NOZ, der sich auf eine Untersuchung in Österreich zum gleichen Thema bezieht. Auf diese Studie von Johannes Baumgartner von der Veterinärmedizinischen Universität Wien bezieht sich auch die Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover.
Auch ein nicht namentlich genannter Tierarzt aus Niedersachsen hat 2017 Tierkadaver in einer Beseitigungsanstalt untersucht – nicht in so großem Rahmen, wie seine Kollegin und sein Kollege aus Hannover und Wien –, aber seine Ergebnisse sind ebenso besorgniserregend: Von den 75 untersuchten Kadavern wiesen 10 Prozent ernsthafte Hinweise auf Verstöße gegen den Tierschutz auf. 15 der untersuchten 75 Tiere wurden nicht sachgerecht getötet.
Diese Artikel zeigen: Hier liegt etwas deutlich im Argen, und das nicht nur in einzelnen Regionen, sondern landesweit und auch nicht nur in Deutschland.
Unsere Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast hat erste Konsequenzen gezogen. In einem Gespräch mit Vertretern des Landvolks und der Schweinehalter tauschte man sich über Maßnahmen aus. Die Gremien des Tierschutzplans Niedersachsen wurden eingeschaltet.
Nun muss aber beraten werden, wie genau wir in Niedersachsen agieren wollen.
Fest steht, dass wir auch den Bund in die Verantwortung nehmen müssen, denn nur dort kann das Tierschutzgesetz, wirksam für alle Bundesländer geändert werden. Die Untersuchungen aus den letzten zwei Jahren zeigen, wie nötig das ist.
Die Handlungsempfehlungen des Landvolks für den tierschutzgerechten Umgang mit kranken und verletzten Tieren sind eine gute Basis, nach der sich aber, den Ergebnissen der Veterinäre zufolge, scheinbar nicht alle richten. Dadurch entsteht ein schwerer Schaden für die Tiere, aber auch für die verantwortungsvoll wirtschaftenden Landwirtinnen und Landwirte.
Alle Beteiligten sind sich einig: Wir müssen etwas ändern. Tierhalter, behandelnde Tierärzte, Behörden und Verbände müssen hier zusammenarbeiten und klare Regelungen und Verhaltensweisen für den Umgang mit kranken und verletzten Tieren einhalten und überwachen.
Kranke und verletzte Tiere müssen umgehend und korrekt behandelt werden. Nottötungen müssen unverzüglich und zuverlässig erfolgen, wenn keine Behandlung mehr möglich ist. Das Landwirtschaftsministerium hat hier Schritte eingeleitet. Das ist wichtig und richtig:
Für eine moderne Fleischerzeugung, für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher und vor allem für eine Tierzucht und Tiermast, in deren Mittelpunkt das Tierwohl steht!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.