Rede zu TOP Nr. 2c Wir haben es „glyphosatt“ – Das Agrarland Nr. 1 muss sich geschlossen gegen Glyphosat einsetzen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 18/62 während der Plenarsitzung vom 13.12.2017 im Niedersächsischen Landtag

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Rede zu Glyphosat – Dezemberplenum 2017 auf Youtube

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,

der Alleingang von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt war in den letzten Wochen in aller Munde. Bundeskanzlerin Merkel und auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks rügten Schmidts Abstimmungsverhalten deutlich.

Es gibt klare Absprachen für solche Prozesse, die Minister Schmidt gebrochen und damit Vertrauen schwer geschädigt hat.

Was aber gar nicht geht, ist, Minister Schmidt Morddrohungen zu schicken. Hier hat auch Umweltministerin Hendricks umgehend gehandelt und mit einem Treffen ein Zeichen gegen Drohungen und Gewalt und für friedliche Auseinandersetzung auf Inhaltsebene gesetzt. Nur wer keine Argumente hat, greift zur Androhung von Gewalt.

Zum Thema: der Unkrautvernichter Glyphosat ist für weitere fünf Jahre zur Nutzung in der EU zugelassen. Eine Tatsache, mit der wir umgehen müssen.

Tatsächlich ist der Einsatz von Glyphosat vor allem in Europa umstritten. Das Pflanzenschutzmittel, das vom US-amerikanischen Konzern Monsanto entwickelt wurde, kommt seit 1974 weltweit zur Vernichtung von Unkraut und Gräsern in der Landwirtschaft zum Einsatz. Allein in Deutschland werden jährlich 5.000 Tonnen des Mittels auf 40 Prozent der Ackerflächen aufgebracht, wie eine Studie der Universität Gießen analysierte.

Glyphosat steht im Verdacht, in Nahrungsmittel zu gelangen und Krebs auszulösen. Bewiesen ist das allerdings nicht. Auch mögliche Schäden für Tiere und Umwelt werden immer wieder debattiert.

Wo ausschließlich Nutzpflanzen wachsen, finden Insekten schwer Nahrung, bzw. die Insekten sterben schon durch das, was eigentlich nur das Unkraut beseitigen soll. Damit wird dann wiederum Vögeln die Nahrungsgrundlage entzogen.

Eine intakte Nahrungskette jedoch ist grundsätzlich für das Leben auf der Erde notwendig. Jeder Eingriff in das fein gesponnene ökologische Netz muss wohlüberlegt sein und endet nicht selten in Problemen für Mensch, Tier- und Pflanzenwelt.

Mit anderen Worten: ob Glyphosat direkt für den Menschen schädlich ist oder nicht, ist augenscheinlich streitbar. Ob es der Umwelt allgemein schadet, nicht. Artenvielfalt ist für uns ebenso wichtig wie die Erzeugung von gesunden Lebensmitteln. Dass da etwas geht, zeigen verschiedene Entwicklungen.

Zum Beispiel 2015 schreibt das Handelsblatt: „Baumarktketten nehmen Glyphosat aus Regalen“.

Ebenfalls 2015 erklärt der damalige Landwirtschaftsminister Meyer: „Niedersachsen hat per Erlass die Ausnahmegenehmigungen für den Glyphosateinsatz auf kommunalen Flächen wie Parks und Spielplätzen erheblich eingeschränkt, und schon im vergangenen Jahr wurde das sogenannte Totspritzen von Getreide kurz vor der Ernte wegen möglicher Rückstände untersagt.“

Die aktuelle Presseerklärung der Molkerei Berchtesgadener Land lautet: „Mit sofortiger Wirkung wird die Anwendung jeglicher Totalherbizide in der Grünland- und Ackerbaubehandlung verboten.“ Für die 1.800 Mitglieder der Genossenschaft gilt das Glyphosatverbot damit ab sofort.

Geschäftsführung und Vorstand sind sich einig: „Es gibt in unserem Milcheinzugsgebiet keine Notwendigkeit, ein Totalherbizid einzusetzen, dessen wissenschaftliche Bewertung hinsichtlich Auswirkungen auf Mensch und Umwelt kontrovers ist.“

Ein weiteres Beispiel ist die Gemeinde Artland: „Gemeinderat entscheidet: Kein Glyphosat im Artland“, so lautet die Überschrift in der Presse.

Seit Donnerstagabend vergangener Woche steht fest: Die Samtgemeinde Artland bei Osnabrück verbietet den Einsatz des umstrittenen Pflanzenschutzmittels auf gemeindeeigenen Flächen, die von der Kommune verpachteten werden.

Das sind gute Nachrichten – ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen, wie ich finde.

Wir wollen den schrittweisen Ausstieg und keine Verlängerung nach fünf Jahren. Im gemeinsamen Dialog mit Landwirtschaft und Wissenschaft und Verbrauchern wollen wir Alternativen entwickeln, bei einer parallel stattfindenden Einschränkung des Gebrauchs.

Eins ist aber klar: den Landwirten darf nicht die Lebensgrundlage entzogen werden. Hier muss auch in der Gesellschaft ein Umdenken stattfinden. Ansprüche an die Produktion von Lebensmitteln, gehen nicht selten einher mit einem erhöhten Aufwand. Es kann teurer werden. Da stellt sich schnell die Frage, wie viel ist uns das wert?

Ich bin davon überzeugt: Artenschutz, gesunde und nachhaltige Lebensmittelproduktion, wirtschaftliche Landwirtschaft, Tierschutz und Verbraucherschutz sind zusammen möglich und für die Zukunft nötig.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.