Politze: »Ausgrenzung darf kein Instrument der Bildungspolitik werden«

Mein Kollege Stefan Politze und die GEW haben Pressemeldungen über die Volksinitiative „Bessere Schule“ herausgegeben, die ich gerne weiter verbreite. Wir dürfen die Ziele, die wir uns in Sachen Inklusion gesetzt haben, nicht aus den Augen verlieren und dürfen nicht wieder beginnen, uns abzuschotten.

Heute stellte sich die Volksinitiative „Bessere Schule“ der Öffentlichkeit vor. Dazu erklärt der schulpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Stefan Politze:
„Der Titel der Volksinitiative erweckt einen falschen Anschein. Nicht um ‚Bessere Schule‘ geht es den Initiatoren, sondern um Ausgrenzung, Abschottung und das Ende der Inklusion. Natürlich klingt die Forderung nach 103 Prozent Unterrichtsversorgung im Ohr jedes Elternvertreters wie Musik. Aber diese Forderung ist unredlich, denn die Flüchtlingskrise warf alle Planungen des Landes über den Haufen."

"Wenn die Unterrichtsversorgung unter 100 Prozent liegt, ist die Ursache oft der Fachkräftemangel – beispielsweise der Mangel an Sonderpädagogen, der aus der Misswirtschaft der alten Landesregierung resultiert. Das Land steuert entschieden nach mit zusätzlichen 4.400 Lehrerstellen oder mit dem Studienplatzausbau für Sonderpädagogen.

Entgegen der Behauptung der Initiatoren haben wir das Gymnasium gestärkt. Rot-Grün hat das Abitur nach 13 Jahren wieder eingeführt und 90 Prozent der Gymnasien sind heute Ganztagsschulen. Die Anmeldezahlen für Gymnasien steigen weiter stark an und sind ein Beleg dafür: Wir machen gute und gerechte Schulpolitik für alle Menschen in diesem Land. Eine Abschottung des Gymnasiums lehnen wir entschieden ab.

Die Wiedereinführung der Förderschule Lernen würde das ‚Aus‘ der inklusiven Schule und das Ende des Gesellschaftsprojektes Inklusion bedeuten. Die Ausgrenzungsbestrebung für die Schwächsten unserer Gesellschaft zugunsten der Reichen und Bildungsstarken ist das eigentliche und durchsichtige Ziel dieser Volksinitiative. Deshalb betone ich: Ausgrenzung darf kein Instrument der Bildungspolitik werden.“

Pressemitteilung der GEW

Volksinitiative für bessere Schulen ist eine Volksinitiative für Ausgrenzung und Zentralismus

GEW Niedersachsen lehnt die Ziele der heute vorgestellten „Volksinitiative für bessere Schulen" ab

Die Volksinitiative für bessere Schulen, die sich heute in Hannover vorgestellt hat, ist nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft eine Volksinitiative für mehr Ausgrenzung und Zentralismus. Sie fordert unter anderem die Sicherung des Bestands der Gymnasien vor Ort sowie den Erhalt aller Förderschulformen. „Wer die stärkere und erzwungene Differenzierung des Schulsystems per Gesetz fordert, will Ausgrenzung statt Integration und Inklusion", so Laura Pooth, stellvertretende Vorsitzende der GEW Niedersachsen. Das Niedersächsische Schulgesetz räumt den kommunalen Schulträgern seit etwa einem halben Jahr mehr Entscheidungsmöglichkeiten bei den Schulangeboten ein. „Die Initiatoren der Volksinitiative wollen den Kommunen die dringend benötigten Freiheiten bei der Schulentwicklung nehmen und setzen stattdessen auf Schulentwicklung von oben. Das ist der falsche Weg", so Pooth weiter. Die Sorge um den Erhalt von Gymnasien sei zudem vollkommen unbegründet und reine Panikmache, wie sie von CDU und FDP schon Tradition hat sowie auch von der AfD gepflegt wird und durch diese Initiative aus ihrem Umfeld und Sympathisantenkreis wieder hervorgeholt wird. Schon der erste Versuch mit einer Online-Petition breite Unterstützung für ihre Angst-Kampagne zu erreichen, sei im letzten Frühjahr mit gerade einmal knapp 33.000 Unterstützern krachend gescheitert. Die Gymnasien sind diejenige Schulform, die am stärksten angewählt wird und bei Eltern beliebt ist – keine Kommune werde daher dieses Angebot einfach so dicht machen. „Hier wird ein Getöse veranstaltet, das überhaupt nicht der Wirklichkeit entspricht", sagte Pooth. Im Übrigen können Gesamtschulen schon seit 1974 das gegliederte Schulsystem in der Kommune ganz oder teilweise ersetzen; der Entwicklung des Gymnasiums habe dies nicht geschadet.

Der Erhalt aller Förderschulformen und die Wiedereinführung der Förderschule Lernen ab Klasse 1 laufen dem Inklusionsgedanken zuwider. Ein solches Doppelsystem mit Förderschulen und inklusiv arbeitenden Schulen sei zudem allein aufgrund der Zahlen nicht realisierbar. Natürlich läuft bei der Umsetzung der Inklusion nicht alles optimal – sowohl strukturell als auch finanziell gibt es einige Baustellen. „Aber ein Zurückdrehen der Inklusion wäre vollkommen falsch. Wir dürfen die Schülerinnen und Schüler nicht länger systematisch ausgrenzen, sondern müssen die Grundschulen und weiterführenden Schulformen mit ausreichend Ressourcen ausstatten", forderte Pooth. Ein Abschieben der Kinder komme für die GEW nicht infrage. Im Übrigen könne man auch anhand der Elternentscheidungen für weiterführende Schulformen ablesen, wie gut die Grundschulen mit Kindern mit Lernschwierigkeiten umgingen. Die Anmeldezahlen für die Förderschulen Lernen ab dem 5. Jahrgang seien deutlich rückläufig, wo Grundschulen mit Integrationskonzepten erfolgreich arbeiten würden. „Wenn die Ressourcen stimmen, funktioniert das System", so die stellvertretende GEW-Vorsitzende.