Dieses zweite Gutachten sollte im März diesen Jahres veröffentlicht werden, lässt aber noch immer auf sich warten. “Diese Verzögerung ist äußerst unglücklich, nicht nur für uns, sondern für alle Betriebe deutschlandweit.”, kommentiert Alexander Jung, Betriebsleiter der VBW. “Wir erhoffen uns durch das neue Gutachten Hinweise auf Vorgehensweisen, E-Scooter Besitzer wieder befördern zu können. Wir möchten gerne alle mitnehmen, die mit unseren Fahrzeugen fahren wollen, müssen jedoch auch die Sicherheit aller Reisenden garantieren können. Das ist momentan einfach nicht möglich.”, so Jung weiter.
Nicht nur die Verkehrsbetriebe warten auf das neue Gutachten, auch die Niedersächsische Landesbeauftrage für Menschen mit Behinderungen, Petra Wontorra, hofft auf eine schnelle Veröffentlichung und damit auf einen klaren Handlungsrahmen. “Die Ergebnisse könnten helfen, eine bundesweite Regelung für die Beförderung von Menschen mit Krankenfahrstühlen zu schaffen. Die verschiedenen Einzellösungen, die momentan existieren, sind einfach nicht praktikabel.”, stellt Wontorra fest. In Kiel gibt es zum Beispiel einen eigens eingerichteten Fahrservice, den die Besitzer von E-Scootern anfordern können. Hierfür arbeitet die Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) mit einem Taxidienstleiter zusammen, der entsprechende Fahrzeuge besitzt. Besitzer von E-Scootern können 30 bis 60 Minuten im Voraus den Fahrdienst bestellen und werden dann entsprechend zur Zielhaltestelle im Liniennetz gebracht. Die Kosten für den Transport erstattet die KVG dem Unternehmen. So entstehen den Betroffenen keine Mehrkosten. Thomas Mau, Betriebsleiter der KVG, betont, dass dies eine freiwillige Leistung der KVG ist und sich die Krankenkassen nicht an der Erstattung beteiligen. „Ich halte unsere Lösung in städtischen Gebieten für gut umsetzbar, in ländlicheren Landesteilen dürfte ein solches Vorgehen jedoch problematisch sein. Allein schon aufgrund der weiteren Wege.“, so Mau. Das Rufbus-Angebot der KVG wird außerdem nur von 4 bis 5 Personen regelmäßig genutzt.
In Nordrhein-Westfalen wiederum gibt es einen solchen Service nicht, sodass die Betroffenen auf nur spärlich vorhandene Behindertenfahrdienste angewiesen sind. “Die momentan von Stadt zu Stadt und Land zu Land unterschiedlichen Regelungen sind einfach zu unübersichtlich, um sich als Betroffener umfassend informieren zu können, bevor man eine Reise antritt.”, so Wontorra weiter.
In einem Bericht hat der Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, der auch der Landtagsabgeordneten Karin Logemann vorliegt, außerdem in Aussicht gestellt, dass viele E-Scooter Modelle auch nach Veröffentlichung des Gutachtens weiterhin von der Mitnahme ausgeschlossen bleiben könnten. Der Schwerpunkt von dreirädrigen Scootern liege zum Beispiel zu weit oben und andere Modelle seien zu groß und zu wenig manövrierfähig, um entsprechend in Bussen und Bahnen gestellt zu werden. “Ich befürchte, dass im Anschluss an die Veröffentlichung des Gutachtens nur eine Handvoll Modelle wieder für die Beförderung im öffentlichen Nahverkehr zugelassen wird. Damit ist vielen dann noch immer nicht geholfen.”, so Wontorra. Mau möchte gerne, dass auch die Krankenkassen und Hersteller von E-Scootern für eine Lösung der Situation mit einbezogen werden, denn nur in Zusammenarbeit mit diesen beiden Institutionen könne eine dauerhafte Lösung für das Problem gefunden werden. Logemann fügt hinzu “Eine Regelung, die weiterhin mehr als die Hälfte der Betroffenen ausschließt, kann nicht das Ziel sein. Menschen, die mit E-Scootern unterwegs sein müssen, dürfen in ihrer Mobilität nicht weiter unnötig eingeschränkt werden. Ein tragfähiges Gutachten muss schnellstmöglich vorgelegt werden. Daraus muss zwingend eine einheitliche Lösung abgeleitet werden – für die Wesermarsch, für Niedersachsen und für ganz Deutschland. Ich werde weiterhin Druck machen und die Betroffenen nicht alleine lassen.”